Geschichte des Lustgartens

Schon in der Spätgotik könnte, so Thomas Scheliga, ein großflächiger Garten an der Burg in Hessen bestanden haben. Unter dem Pächter Kurt von der Schulenburg sind um 1560 Ausbaumaßnahmen durch Kammerrechnungen belegt.

Erstmals sind genauere Bepflanzungsangaben in einem Erbregister von 1590 bekannt. Danach war der Lustgarten 6 Morgen groß und u. a. mit verschiedenen Kräutern wie Salbei, Rosmarin, Ysop, Lavendel bepflanzt. Zu dieser Zeit nutzte Hedwig, die Witwe Herzog Julius, das Schloss Hessen als Wohnsitz. Bis zu ihrem Tode 1602 übte sie die Kontrolle über den Lustgarten aus. Nachweislich bestand zu dieser Zeit auch schon ein Obstgarten.

Später gehörte Schloss und Amt Hessen Herzog Heinrich Julius und dessen zweiter Ehefrau, Elisabeth von Dänemark, zur Hofhaltung. Nach dem Tode Hedwigs, ihrer Schwiegermutter, kümmerte sich Elisabeth um den Lustgarten. Sie holte 1607 den Gärtnermeister Johann Royer nach Hessen, der den Garten bis 1649 leitete. Damit begann die glanzvollste Zeit dieser Gartenanlage. .

Schloss und Lustgarten waren durch einen Burggraben getrennt in dem sich ein Burgwall befand. Der Burgwall umschloss die Oberburg u- förmig und war u. a. mit verschiedenen Obstbäumen bepflanzt. An beiden Enden des Walls befanden sich je eine „Lauber=hütten“.
Vom Pavillon führte eine kleine Zugbrücke auf den Wall, eine weitere Brücke führte in den Lustgarten.
Elf Quartiere, jedes „ins Gevierde 80. Fuß“ bildeten den Hauptteil der Anlage. Die Wege im Lustgarten hatten „alle in ihrer Breite 15. Fuß“. Welchen Belag die Wege hatten und wie sie eingefasst waren ist nicht überliefert.

Die Quartiere, wie auch die Wege auf dem Wall waren mit Hecken umgeben. Dafür wurden sowohl fruchttragende wie auch duftende Pflanzen verwendet. Genannt werden Rosen, Wacholder, Rainweide (Liguster), Cornelbeeren (Kornelkirschen), Stickbeeren (Stachelbeeren) und Johannisbeeren. (siehe Heckenplan)
Die dem Schloss zugewandten Seiten waren mit einem ornamentreichen Bindewerk gestaltet. Es enthielt u. a. figürliche und heraldische Elemente.
Zu dieser Zeit waren in Deutschland derartige kunstvolle Hecken in anderen Gärten nicht bekannt.

Die Quartiere waren alle unterschiedlich gestaltet, eine Verknüpfung mehrerer ist nicht zu erkennen.
Jedes Quartier hatte einen eigenen Namen. So z. B. Sternquartier, Kompaßquartier, Wappenquartier oder Rautenquartier. Die Namen deuten zum Teil auf die Form der Beete und Rabatten hin, die mit unterschiedlichen Pflanzen eingefasst und mit verschiedenen Gewächsen bepflanzt waren.

Fürstlichen Glanz verliehen der Anlage drei Wasserspiele. Das prächtigste war im so genannten „Brunnen= Quartier“ ein großer Zierbrunnen.
Vermutlich Anfang des 17. Jahrhunderts von Augsburger und Regensburger Kaufleuten abgekauft, war es ein Neujahrsgeschenk von Herzog Heinrich Julius an seine Frau Elisabeth. Der fünfschalige Brunnen stand auf zwei massiven steinernen Umläufen. Im unteren Umlauf waren neckische Wasserspiele versteckt, die den ahnungslosen Gast patschnass machen konnten.
Den Brunnen zierten verschiede Bronzefiguren. Sie stellten mythologische und wirklich vorkommende Tiere dar. Einige Tierfiguren haben sich nachweislich erhalten: 1 Löwe, 6 Stiere, 3 Pferde, 2 Elefanten, 2 Hunde, 2 Affen und ein Hirsch. Bis auf zwei Figuren ( 1 Stier im Rijksmuseum Amsterdam und 1 Elefant im Louvre in Paris) befinden sich alle im Herzog Anton Ulrich- Museum in Braunschweig.

Am südlichen Ende der Wegeachse zwischen Wappen- und Rauten- Quartier, befand sich eine fast
7 x 7 m große Grotte, die außen wie ein Felsen gestaltet war.
Im Inneren war die Geschichte von Diana und Aktäon mit lebensecht bemalten Steinfiguren dargestellt. Weitere menschliche Figuren und wasserspeiende Delphine
ergänzten die Grotte. Versteckte Wasserspiele trugen zur Erheiterung bei.

Ein kleinerer Brunnen befand sich im Lusthausquartier. Der Brunnen wurde 1625 angeschafft. Die Brunnenfigur stellte die Lucretia mit dem Dolche in der Hand dar. Der Sage nach erdolchte sie sich, weil ihre Ehre durch eine Vergewaltigung geschändet war.

Das große Lusthaus war prächtig und mit vielen schönen Bildern ausgestaltet. Darin konnten die fürstlichen Herrschaften im Sommer ihre Mahlzeiten einnehmen und man hatte einen herrlichen Blick über den gesamten Lustgarten.

Der Lustgarten wurde im Osten und im Norden durch einen Laubengang vom Obstbaumgarten getrennt. Im Westen trennten ebenfalls ein Laubengang und Teich- Heller (Hälterung- Becken für Fische) den Lust- vom Küchengarten.

Im Dreißigjährigen Krieg wurde der Garten zweimal in Mitleidenschaft gezogen. Ab 1650 leitete Maximilian, der Sohn von Johann Royer, die Gartenanlage.

Mit dem nachlassenden Interesse der Herzöge am Schloss Hessen verfiel auch der einst prachtvolle Lustgarten.

Die Fläche ist heute im Wesentlichen eine große, im Osten von einer seit Jahrzehnten stillgelegten Bahnstrecke durchschnittene Wiese. Ein kleiner Bachlauf verläuft dort, wo einst die großen Wasserflächen des Burggrabens und der Teich- Heller das Bild prägten.

Seit einiger Zeit ist der ehemalige Lustgarten wieder in das Blickfeld der Experten gerückt. 2008 fanden erste Suchgrabungen statt. Gefunden werden konnten u. a. Reste der Burggrabenmauer, der Mühlgrabenbrücke, der genaue Standort des großen Zierbrunnens und Teile der Uferbefestigung der ehemaligen Teich- Heller.

Im September 2009 fand in Hessen eine hochrangig besetzte Fachtagung statt, auf der Fragen diskutiert wurden, wie und in welchen Umfang diese historisch wertvolle Gartenanlage wieder erlebbar gemacht werden kann.
Eine Expertengruppe erarbeitet zurzeit entsprechende Vorschläge.

Schon jetzt kann man in einer Dauerausstellung im Schloss Hessen an einem Modell
die Pracht des ehemaligen fürstlichen Lustgartens bewundern.

 

Joachim Däumler, Hessen 2011

Quelle: Thomas Scheliga, SCHLOSS UND LUSTGARTEN IN HESSEN AM FALLSTEIN
Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Philosophischen Fakultät der Ruprecht-Karls-Universität zu Heidelberg, 2002 (Volltext unter www.ub.uni-heidelberg.de/archiv/4460)

Heinrich Julius – Der Renaissancefürst

Heinrich Julius – Der Renaissancefürst
15.10.1564 – 20.07.1613

Herzog Heinrich Julius

Heinrich Julius, seit 1589 Herzog zu Braunschweig-Lüneburg und Fürst von Braunschweig-Wolfenbüttel, wurde am 15.10.1564 auf Schloss Hessen als Sohn des Prinzen Julius (Herzog seit 1568) und der brandenburgischen Prinzessin Hedwig geboren.
Seine Erziehung erhielt er in Gandersheim und seine Ausbildung erfolgte in Gröningen. Er galt wegen seiner umfangreichen Kenntnisse in Mathematik, Chemie und Astronomie, in Philosophie und Dichtkunst sowie in der Baukunst und Juristerei als der gebildetste deutsche Fürst der Spätrenaissance. Weiterhin beherrschte Heinrich Julius die lateinische, hebräische und die griechische Sprache. Bereits im Alter von 12 Jahren hielt er beim Antritt als erster Rektor der Universität Helmstedt eine freie Rede in Latein.
Seine größte Leidenschaft galt der Philosophie. Des Weiteren schrieb er 11 verschiedene Dichtungen. Sie waren in Prosaform gehalten und wurden auch auf eigens dafür errichteten „stehenden“ Hofbühnen aufgeführt. Überschwänglich führte Heinrich Julius das typische Leben eines Renaissancefürsten. Davon profitierte auch der weitere Ausbau von Schloss Hessen als Sommerresidenz, insbesondere durch die Schaffung des berühmten Fürstlichen Lustgartens, durch eine kunstvolle Ausstattung der Schlosskapelle und dem Bau der einmaligen hölzernen Schrankorgel für Herzogin Elisabeth. Die aufwendige Hofhaltung in Wolfenbüttel galt als eine der glänzesten in Deutschland. Hinzu kamen enorme Aufwendungen für seine bischöfliche Residenz in Gröningen. Bald waren 1 Million Taler Schulden angesammelt und ungewöhnlich hohe Steuern wurden eingeführt. Trotz seiner hohen Bildung und Weltoffenheit machten ihn zahlreiche Hexenverbrennungen im Fürstentum Wolfenbüttel zu einer zwiespältigen Persönlichkeit.

Bereits im Alter von 2 Jahren zum Bischof von Halberstadt gewählt, übte Heinrich Julius diese Amt seit dem 14. Lebensjahr als postulierter und zudem protestantischer Bischof bei Vorhandensein eines katholischen Domstiftes aus.
Von 1582-1585 war er zugleich Administrator des Bistums Minden. Heinrich Julius führte 1591 im Bistum Halberstadt den Protestantismus ein.

Dank seiner erfolgreichen Tätigkeiten als Fürst und Bischof, als Universitätsrektor und Jurist sowie seiner diplomatischen Fähigkeiten wurde er 1607 an den kaiserlichen Hof nach Prag gerufen. Dort erlangte er schnell das Vertrauen des Kaisers Rudolf II. von Habsburg, der ihm die wichtigsten Entscheidungen in Rechtsangelegenheiten überließ. So erwirkte Heinrich Julius, den Krieg zwischen Katholiken und Protestanten in Böhmen beizulegen und die heraufziehenden militärischen Auseinandersetzungen zwischen den Religionen in Deutschland noch zu verhindern.
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Heinrich Julius hatte 11 Kinder. Zunächst ehelichte er 1585 in Wolfenbüttel Dorothea (1563-1587), eine Tochter von Kurfürst August von Sachsen. Am 19. April 1590 heiratete er in Kopenhagen Elisabeth (1573-1625), die älteste Tochter von König Friedrich II. von Dänemark. Mit ihr hatte Heinrich Julius 10 Kinder, 5 Prinzessinnen und 5 Prinzen.

Zum Tode von Heinrich Julius am 20.07.1613 in Prag gibt es Spekulationen. Offiziell verstarb er infolge einer Krankheit nach einem Zechgelage. Zugleich kann seine Ermordung von Befürworten einer militärischen Lösung des sich zuspitzenden Religionskonfliktes in Deutschland vermutet werden.

Heinrich Julius, der berühmteste Sohn unseres Dorfes Hessen am Fallstein, wurde in der Marienkirche zu Wolfenbüttel beigesetzt.

Chronik

966Erste urkundliche Erwähnung Hessens als Hessenheim
1330Johann als letzter Burgherr derer von Hessen erwähnt. Burg und Ort kamen durch Erbschaft (?) an die Regensteiner Grafen.
1343Die Regensteiner verkauften Hessen an die Braunschweiger Herzöge.
1355Die Herzöge verpfändeten die Burg Hessen an die Stadt Braunschweig.
1395wurde die “Schenke” zu Hessen erstmals urkundlich erwähnt.
1408gelangten Dorf und Burg Hessen wieder an das herzogliche Haus.
1560… unter Herzog Heinrich d. Jüngeren und seinem Sohn Julius begann der Ausbau zu einem fürstlichen Schloss im Stil der Renaissance.
1564wurde auf Schloss Hessen Heinrich Julius, der spätere Bischof von Halberstadt, geboren.
1589-1602wurde das Schloss Witwensitz von Herzogin Hedwig.
ca. 1590entstanden nach dem Tode von Herzog Julius die einmaligen Deckenmalereien im Turm der Oberburg.
1607wurde Johann Royer durch Herzogin Elisabeth als Hofgärtner bestallt. Heinrich Julius, Herzog von Braunschweig und Bischof von Halberstadt, wurde an den kaiserlichen Hof nach Prag berufen, wo er 1613 verstarb.
1613 -1626     1626-1659wurde Hessen Witwensitz von Elisabeth, Herzogin zu Braunschweig und Lüneburg.  
standen Schloss und Amt Hessen unter der Regide von Herzogin Anna Sophie und dienten ihr ab 1634 als Witwensitz.
1648erschien Royer’s Buch „Beschreibung des ganzen Fürstlich-Braunschweigischen Gartens zu Hessen”
1719erhielt Hessen Marktrecht. Ab 1746 durfte sich der Ort als ,,Flecken” bezeichnen. Seit dem 18. Jahrhundert wohnten die herzoglichen Familien nicht mehr auf Schloss Hessen. Es wurde eine herzogliche Domäne.
1726wurde Baumeister Korb mit der Instandsetzung des Schlosses beauftragt; u.a. wurden die Ziergiebel entfernt.
1807wurde Hessen Cantons-Hauptort im Distrikt Halberstadt des Saale-Departements.
1808Die Familie von Schwartz wurde Pächter der herzoglichen Domäne (bis 1945).
1811Großbrand in der Oberburg, wobei Süd-, Ost- und Nord-Flügel sowie das Gärtnerhaus ausbrannten.
1843wurden die Hand- und Spanndienste abgelöst.
1865Gründung der Zuckerfabrik
1897brannten die ersten elektrischen Kohlefadenlampen.
1898wurde Hessen Sitz der Betriebsleitung der Kleinbahn Heudeber – Mattieroll.
1941kam die Gemeinde Hessen zum Land Preussen und damit 1945 zur sowjetischen Besatzungszone.
1948Abriss des Westflügels der Hauptburg
seit 1990Sanierungsmaßnahmen an der Unterburg und anschließend an der Oberburg. Das Schloss Hessen befindet sich heute in kommunaler Hand.

Historische Kochfibel

Johann Royer und das erste Gemüsekochbuch

Die hervorragenden gärtnerischen Fähigkeiten Johann Royers wurden schon verschiedentlich gewürdigt.
Karl Schröder (1912) und Thomas Scheliga (2002) widmeten Teile ihrer Dissertationen Johann Royer und dem Lustgarten.
Im Jahr 1998 fand eine Gedenkveranstaltung des Botanischen Arbeitskreis Nordharz in Hessen statt. In zwei aus diesem Anlass erschienen Büchern werden die Verdienste Royers in umfangreichen Beiträgen dargestellt.
Der „Förderverein Schloss Hessen e. V.“ würdigte Johann Royer 2007 mit einer anlässlich des 400. Jahrestages seiner Bestallung als Gärtnermeister auf Schloss Hessen eröffneten Dauerausstellung und 2009 mit einer Broschüre zum ehemaligen fürstlichen Lustgarten.

Ein ebenfalls sehr interessanter Teil seines 1648 erschienen Buches wurde bisher eher wenig beachtet. Johann Royer widmete ein ganzes Kapitel seiner „Beschreibung des ganzen Fürstlich Braunschweigischen gartens zu Hessem“ der Verwendung von Gemüse in der Küche des 17. Jahrhunderts.

Unter dem Titel „Wie man unterschiedliche Vornehme Garten- Gewächse in der Küchen vielfältig nützen und zubereiten solle“ gibt er Zubereitungshinweise für verschiedene Pflanzen. Darunter sind heute in der Küche eher unbekannte, wie Zuckerwurzel, Klette, Haferwurzel, Wiesenkümmel oder Sonnenblume.
Besondere Aufmerksamkeit erregt die Erwähnung der Kartoffel, die zu dieser Zeit noch nicht in Norddeutschland vermutet wurde.

Ende des 20. Jahrhunderts beurteilten verschiedene Autoren Royers Ausführungen als „erste Gemüserezepte“, „erstes Gemüsekochbuch“ und „Spezialkochbuch“.

Der „Förderverein Schloss Hessen e.V.“ würdigt jetzt diesen Teil des Royerbuches mit der Herausgabe einer „Historischen Kochfibel“.
Die Broschüre enthält neben Angaben zu Royers Leben, Auszüge aus historischen Quellen, kurze Pflanzenbeschreibungen und Rezepte. Royers Ausführungen wurden allgemeinverständlich übersetzt. Manches Rezept unterscheidet sich, auf den ersten Blick, nicht von heute bekannten Rezepten aber die verwendeten Gewürze und die Zubereitung machen den Unterschied.

Die 32seitige Broschüre der Reihe ” Beiträge zur Geschichte der Gemeinde Hessen” können sie bestellen.

Preis pro Broschüre: 5,00 €

Erklärung Logo

Mit einem Logo für das Schloss will der
„Förderverein Schloß Hessen“ e.V. werben.

Das Logo symbolisiert die 11 Quartiere des ehemaligen
Royerschen Lustgartens und den Grundriss der Oberburg.

Das Logo entstand nach einem Entwurf
von Dipl.-Ing. Daniela Däumler aus Weimar.