Der Altan – wohnte Johann Royer hier?

Wohnte Johann Royer im Pavillon (Altan)?

Der Altan 2004
Ausschnitt aus dem Lageplan

Meier (1906, Die Bau- und Kunstdenkmäler des Kreises Wolfenbüttel, Seite 207) lässt wenig Zweifel an der Funktion des Altan und schreibt:
„5…Alle Anzeichen deuten daraufhin, dass der Bau als eine Art Gartenhaus zu betrachten ist; er dient jetzt als Gärtnerwohnung.“
Seite 210: „Seit das Schloß nicht mehr von Mitgliedern des fürstlichen Hauses bewohnt war, verfiel es allmählich, so daß sich der Landbaumeister Hermann Korb … I726 veranlaßt sah, einen Antrag zur Vornahme der allernotwendigsten Herstellungsarbeiten bei der Regierung zu stellen…Weitere Veränderungen erfolgten dann in den 40er Jahren des XVIII. Jahrh.“Seite 211„Sodann …die Gerichtsstube und über ihr Zimmer und Kammer für den Gerichtshalter eingerichtet, der Gartenpavillon (d. h. die SO-Ecke der Oberburg, die einst den Altan trug) schließlich zur Gärtnerwohnung gemacht.“

Claudia- Ros Kießler (Schloß Hessen – Raumstruktur, Ausstattung und Nutzung nach den Inventaren des 16. und 17. Jahrhunderts, S. 80) bezeichnet den Altan als aufwendig.
„Im zweiten Obergeschoß des 0stflügels liegt, mit direktem Zugang zum Altan.., das prächtigste aller Gemächer…
Auch der Altan wird als recht aufwendig dargestellt:“

Rolf Sonnenburg (Schloß Hessen bei Braunschweig unter Herzog Julius von Braunschweig und Lüneburg (1568 – 1589) – Hofkunst der Spätrenaissance
in Norddeutschland, Hamburg 1992, Seite 36) erwähnt die Vorliebe Herzog Julius für Altane:
„Von Herzog Julius ist bekannt, daß er Altane liebte. Am Wolfenbütteler
Schloß befand sich ein solcher (81); und 1588
wünschte er einen weiteren am Herrenhaus Calenberg errichten
zu lassen (82). Von Franz Algermann, dem Biografen
des Herzogs, erfährt man, was ihren Reiz für ihn ausmachte:
“Damit aber S.F.Gn. die Zeit desto besser hinbrächten […I
und gleichwohl auch Alles, was über die Festung aus dem
Brau- und Backhause, auch dem Marstalle aus- und einging,
sehen und wahren könnten, ließen Dieselben am Schlosse,
nach der Straße über den Okerfluß, die Altane oder Gewölbe
bauen.“

Die fürstliche Ausstattung des Altans wird u. a. auch durch das Schlossinventar von 1628 deutlich.
„…oben vorm Camin daß Braunw. undt dehnische Wapen mit vergüldeten Bildern. Gerings umbher mit grünen simsten und vergüldeten Buchstaben.“

Nur der Pavillon bot die Möglichkeit, von einem Ort aus sowohl den Brocken und die großen Fischteiche, wie insbesondere den Lustgarten sehen zu können.
Im Obergeschoss des Ost- und Südflügels befanden sich die herzoglichen Gemächer. Herzog und Herzogin hatten so einen kurzen, direkten Weg in den Pavillon und durch diesen auf den Burgwall und weiter in den Lustgarten.
Es ist wohl nicht anzunehmen, dass sie auf diesem Weg die Wohnung des Gärtners durchqueren wollten.

Auch Garteninventare geben Hinweise auf ein Gärtnerhaus im Garten.
Im Garteninventar von 1629 (Thomas Scheliga „Schloss und Lustgarten in Hessen am Fallstein“
Dissertation 2002) ist vermerkt:
„Eine Blancke Von dem Graben biß an den Andern Graben nach deß Gertners Hauße, mit…“

„…3 Obergebeugete Gänge von deß Gert=ners hause an, biß an die …“

„Gertner Hauß Vor: Undt Indemselben Gewelbe Uber undt vor dem Keller ist zerborsten undt gestuzt“.

Eindeutige Beweise, dass Johann Royer mit seiner Familie nicht im Pavillon gewohnt hat.

Und wer könnte es besser wissen als Johann Royer selbst?
Er schreibt in seinem Buch „Beschreibung des ganzen Fürstlich Braunschweigischen gartens zu Hessem“ 1648 auf Seite 10:
„So ist auch des Gärtners=Hauß im Garten erbawet/ nahe am Ende/ nicht weit von der Ober=Mühlen/ und mit allem zubehörig fein abgewirckt und verschlossen.“

Auf dem Lageplan von 1755 sind in Verlängerung des Zuganges vom Pavillon aus nördlich und südlich des Weges je ein Gebäude eingezeichnet. Möglicherweise waren das die Apotheke und das Gärtnerhaus (Abb.).

Der Pavillon wurde nach 1730 umgenutzt. Im Hocherdgeschoss wurde mittels Fachwerk eine Raumteilung vorgenommen, es entstanden vier kleine Räume, eine Holztreppe führte auf einen niedrigen Zwischenboden. Der ehemals prachtvolle Kamin wurde abgetragen und zugemauert.
Das Obergeschoss diente als Orangerie.
Jetzt erst wohnten die Gärtner im Pavillon. Einen Lustgarten gab es jedoch nicht mehr. Alle Flächen wurden für Gemüse- und Obstbau genutzt.

Joachim Däumler
Hessen 2012

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